Kein Nazizentrum in Eschede – der NPD ihr Ende bereiten!

Seit 30 Jahren finden in Eschede Nazitreffen statt. Auf dem abgelegenen Hof von Joachim Nahtz finden Sonnwendfeiern, Erntedankfeste, Lager völkischer Jugendorganisationen, Treffen neofaschistischer Organisationen, Wehrsportübungen, Rechtsrockkonzerte oder Treffen zu verschiedensten Anlässen statt. An keinem anderen Ort in Norddeutschland fanden so viele Veranstaltungen der Neonaziszene statt wie in Eschede.

Im Sommer 2019 hat der niedersächsische Landesverband der NPD den heruntergekommenen Hof gekauft. Seit dem richten die Nazis dort ein „nationales Gemeinschaftsprojekt“ ein. Das Nazizentrum soll als zentraler Treffpunkt für die NPD und anderer nationalsozialistischer Gruppierungen erhalten bleiben.

Nachdem die Partei durch ein Erbe und den Verkauf zweier Immobilien in Dannenberg zu unerwarteten finanziellen Mitteln gekommen ist, soll nicht nur Joachim Nahtz dort geschützt seinen Lebensabend verbringen, auch der Landesverband der NPD braucht einen Ort, wo Nazis in einer faschistischen Geisterbahn überwintern können.

Die „Brauchtumsfeiern“, wie Sonnenwenden oder Erntedankfeste, sollen dabei die Neonazi-Szene nach innen stärken. Nach dem Vorbild des historischen Nationalsozialismus soll die Gesinnungsgemeinschaft durch gemeinsame Rituale und vermeintliche Traditionen für die ganze Familie gefestigt werden. Die Veranstaltungen dienen den Nazis zudem als Treffpunkt und Koordinierungsmöglichkeit. Die völkisch-germanischen Feste sind ideologiebildend und identitätsstiftend. Inhaltlicher Kern ist der Nationalsozialismus, an dem öffentlich angeknüpft werden soll.

Die Treffen in Eschede sind für die NPD von besonderer Bedeutung, nicht nur aus ideologischen Gründen, auch um den Laden irgendwie zusammenzuhalten, bedarf es Angebote für den harten Kern der Nazis. Die Errichtung eines Nazizentrums in Eschede findet in Zeiten des Niedergangs der traditionellen NS-Bewegung statt. Langjährige Nazifunktionäre wie Manfred Börm aus Handorf, der als zentraler Akteur der Aktivitäten in Eschede gilt, wissen, dass sie nur überleben werden, wenn sie eine Struktur von fanatischen Gläubigen an die reine Lehre am Leben erhalten, die in schlechten Zeiten zusammenstehen und auf bessere Zeiten hoffen.

Auf dem Hof in Eschede sollen neonazistische Aktivist*innen indoktriniert und ausgebildet werden. Es steht zu befürchten, dass die dort propagierte und gelebte menschenfeindliche Ideologie nicht im Nazizentrum verbleibt, sondern dass die dort geschulten Neonazis diese Ideologie woanders in die Tat umsetzen. Mord und Totschlag sind die Konsequenzen aus dem faschistischen Weltbild der NPD.

Antifaschistische Landarbeit!

Neben der brauen Kontinuität in Eschede, gibt es dort auch eine Geschichte des antifaschistischen Widerstands. Seit 2007 wird dort mit Demonstrationen, Kundgebungen, Konzerten, Veranstaltungen und vielen anderen Aktionen dem Treiben auf Hof Nahtz etwas entgegengesetzt. 30 Jahre Jahre Nazitreffen in Eschede heißt auch, dass sie sich in den letzten Jahren nicht mehr ungestört treffen konnten. Am 28. September 2019 gelang es zum ersten Mal, mit einer antifaschistischen Bündnisdemonstration direkt am Gelände der Nazis vorbeizuziehen und in unmittelbarer Nähe eine Kundgebung durchzuführen. Auch weiterhin sollen die braunen Umtriebe von NPD und Co. in Eschede nicht geduldet werden und auch weiterhin soll direkt am Gelände der Nazis demonstriert werden.

Keine Ruhe geben!

Als Reaktion auf die antifaschistischen Demonstrationen direkt vor ihrem Gelände, versuchte die NPD den Ort zu erpressen. Mittels Kleinstaufmärschen durch den Ort und einem Infostand wollten die Nazis im Jahr 2020 erreichen, dass keine weiteren Demonstrationen am Nazizentrum stattfinden und die Versammlungsbehörde eine räumliche Trennung festlegt. Als „Gegenleistung“ wollten sie auf ihre Kleinstaufmärsche verzichten. Die Nazis wollen keine Öffentlichkeit während ihrer Zusammenkünfte.

Bislang ist die NPD mit dieser Strategie kläglich gescheitert. Ihre wenigen Miniveranstaltungen im Ort waren von Protesten – auch durch Bewohner:innen Eschedes – begleitet und die Demonstrationen zum Nazizentrum fanden weiter statt. Daran wird sich auch nichts ändern!
Diese Erpressungsstrategie hat aber auch den Zweck, um eine Öffentlichkeit zu erreichen und sich als vermeintlich harmlose Bewegung darzustellen, die nur ein „Nachbarschaftsgespräch“ sucht. Zum Teil erhielt die NPD dafür eine Bühne in regionalen Medien, die die Äußerungen der Nazipartei unkritisch wiedergaben. Die Verharmlosungsstrategie der Nazis ging damit zum Teil auf. Daran anknüpfend hat die NPD im Dezember 2020 angekündigt, dass sie mit ihrem Landesvorsitzenden Manfred Dammann einen eigenen Kandidaten zur Bürgermeister:innenwahl im September 2021 in Eschede aufstellen will. Auch damit soll versucht werden, sich als „normale Partei“ im Wettbewerb um demokratische Ämter darzustellen und durch einen Wahlkampf vor Ort eine noch größere Öffentlichkeit zu erreichen. Hiermit soll auch das Nazizentrum und die NPD in Eschede etabliert werden.

Die Nazis konnten lange ungestört am Ortsrand von Eschede agieren und ihr Zentrum auf Hof Nahtz zum wichtigen Treffpunkt etablieren. Zu Hilfe kam ihnen die Gleichgültigkeit und Ruhe Eschedes. Über Zwanzig Jahre störte es dort kaum jemanden, was auf Hof Nahtz geschah. Gestört fühlten sich viele eher durch die antifaschistischen Demonstrationen und eine kritische Berichterstattung in den Medien. Dadurch sah mensch das Image des Dorfes gefährdet. Solange die Nazis auf dem Hof blieben, störte mensch sich nicht daran. Neben dem langjährigen ignorieren der Situation, half auch eine Polizei und der Inlandsgeheimdienst „Verfassungsschutz“ die immer wieder vor angeblich gefährlichen „Linksextremen“ und der Antifa warnten, um einen gemeinsamen Kampf gegen das Nazizentrum und Störungen der Naziaktivitäten zu verhindern. Erst als die Nazis ihre Aktivitäten verstärkt in die Dorfmitte ausdehnten, kam es zu nennenswerten Aktionen aus der Gesellschaft des Ortes und ein breites „Bündnis gegen Rechtsextremismus“ wurde gegründet.

In Gedenken an Peter Deutschmann

Am 10. August 1999 wurde der Escheder Peter Deutschmann von den beiden Escheder Nazi-Skinheads Marco Siedbürger und Johannes Markus K. getötet. Die beiden Totschläger erhielten fünfjährige Haftstrafen. Marco Siedbürger schloss sich nach seiner Haftentlassung der Schaumburger Naziszene an und es zog ihn immer wieder in seine alte Heimat zurück. Er war regelmäßiger Besucher der Nazitreffen auf Hof Nahtz.

Peter Deutschmann hat sich vor seinem Tod ablehnend über die Ansichten seiner späteren Mörder geäußert. Er ist eines der vielen Opfer rechter Gewalt. Seit 1990 sind in Deutschland mindestens 213 Menschen Todesopfer rechter Gewalt worden.

Der Mord an Peter Deutschmann und andere neofaschistische Gewalttaten und Morde sind die Konsequenz einer extrem rechten Ideologie, in der die soziale Gleichheit und Gleichwertigkeit der Menschen verneint und in der den Menschen, die nicht in das Weltbild der Neonazis passen, das Recht auf Leben nicht nur theoretisch aberkannt wird. Auf Hof Nahtz wird diese mörderische Einstellung gelebt und vermittelt. Jedes Nazitreffen dort ist deshalb ein Treffen von potentiellen Mörder:innen. Und gehört endlich verhindert!

Mit unserer Kampagne gedenken wir auch Peter Deutschmann und den vielen anderen Opfern rechter Gewalt. Das Erinnern an die zahlreichen Opfer ist zentraler Moment unserer Arbeit und wir verstehen es als Mahnung aber auch als ständige Aufforderung, sich neofaschistischen, rassistischen und antisemitischen Einstellungen und Handlungen entgegenzustellen und gemeinsam dafür zu sorgen, dass sich Morde wie an Peter Deutschmann nicht wiederholen. Kein Vergeben, kein Vergessen!

Tretet in antifaschistische Aktion…

Wir werden weiter Rassismus, Antisemitismus und Nationalismus in all seinen Formen kritisieren und angreifen. Dies ist nicht nur eine Notwendigkeit, die sich aus der mörderischen deutschen Geschichte als Mindestkonsequenz ergibt, sondern es ist eine Selbstverständlichkeit, die uns als Menschen, die auch weiterhin die radikale Verwirklichung von Freiheit, Gleichberechtigung und Solidarität unter allen Menschen zum Ziel haben, antreibt. Wir werden Nazis auf der Straße und wo immer sie auch sonst ihre menschenverachtende Ideologie verbreiten wollen, entschieden entgegentreten und ihr menschenfeindliches Wirken verhindern – bis diese endgültig überwunden sind. „Die Vernichtung des Faschismus mit seinen Wurzeln, der Aufbau einer neuen Welt des Friedens und der Freiheit ist unser Ziel.“

Alle zusammen gegen den Faschismus!
Für eine antifaschistische Landpartie!